Es ist ein eindringliches Plädoyer: „Jeder junge Mensch, der ohne Ausbildung bleibt, ist einer zu viel. Unser Ziel ist es, deutlich mehr junge Menschen in Ausbildung zu bringen“, sagte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger Ende letzten Jahres bei der Präsentation der Ausbildungsmarktbilanz 2021, die mit 473.100 neuen Verträgen eine leichte Steigerung gegenüber dem Vorjahr aufweist. Die Zahl der noch offenen Ausbildungsstellen stieg aber um gut fünf Prozent auf 63.200. „Mich besorgt, dass Betriebe weiterhin von Schwierigkeiten bei der Besetzung ihrer Ausbildungsstellen berichten“, so die FDP-Ministerin, die selbst in einer Handwerker-Familie in Bad Soden (Taunus) aufgewachsen ist.

Text: Paul Senske

In der Tat: Der Arbeitsmarkt ist - auch wenn Corona die Tendenz abgeschwächt hat – aufnahmefähig wie seit Jahrzehnten nicht. Das gilt auch und besonders für unsere Region mit der starken industriellen und handwerklichen Infrastruktur und über 100 Weltmarktführern. Allein der Blick auf die Stellenangebote zeigt: Die Arbeitgeber buhlen buchstäblich um Nachwuchs mit einer dualen Ausbildung. Die Verhältnisse haben sich umgekehrt: Noch vor rund 20 Jahren hatten es Schulabgänger schwer, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Heute findet eine Vielzahl an Betrieben keine Kandidaten mehr oder sie müssen auf die „Wartebank“, ehe sie vor allem geeignete Bewerberinnen und Bewerber finden. Die Folgen sind volkswirtschaftlich groß: „Fehlende Auszubildende von heute sind der Fachkräftemangel von morgen. Unser Land braucht schon heute dringend mehr Fachkräfte“, betont die Bundesbildungsministerin. „Ich kann jungen Menschen daher nur raten, die Chance einer Ausbildung zu ergreifen.“

Berufliche Orientierung hat die Schulen lebensnäher gemacht

Mit diesem Appell ist Stark-Watzinger nicht allein. Unternehmensverbände, Gewerkschaften, Handwerkskammern, IHks, um nur einige Player zu nennen, nehmen sich mit Nachdruck dieses Themas an. Das gilt auch für die Schulen wie die in NRW mit der Initiative „Kein Abschluss ohne Anschluss – Übergang Schule – Beruf (KAoA)“. Diese berufliche Orientierung hat die Schulen lebendiger und vor allem lebensnäher gemacht. Dennoch ist die Zahl der Schüler, die ein Studium beginnen, weiterhin auf einem hohen Niveau. Das Bundesinstitut für Berufsbildung hatte vor Jahren einen wachsenden Mangel an Azubis und einen deutlichen Überhang an Akademikern prognostiziert. Auch wenn die Zahlen schwanken und Prognosen eben nur „Prognosen“ sind: Im Zeitraum 2020 - 2030, so das Institut, könnten rund vier Millionen Arbeitsplätze der nicht-akademischen Fachkräfte nicht wieder besetzt werden. Demgegenüber werde der Bedarf an Akademikern weit übertroffen. Diese Prognosen decken sich in etwa mit Schätzungen anderer Institute und Einrichtungen. Eine mögliche Folge: Das Wirtschaftswachstum könnte (dramatisch) einbrechen mit Konsequenzen für den Standort Deutschland. Andreas Rother, der Präsident der IHK Hellweg-Sauerland, hatte zuletzt im WOLL-Interview klargestellt, „dass wir in der Wirtschaft im Verhältnis einen Akademiker und zehn Facharbeiter benötigen. Dabei machen 50 Prozent der Jugendliche Abitur und studieren. Die Ausbildung muss jungen Menschen auch Spaß machen.“

„Akademisierungswahn“

In der Wirtschaft wird zunehmend von einem „Akademisierungswahn“ gesprochen. Der Münchner Philosoph Julia Nida-Rümelin hatte schon vor Jahren darauf hingewiesen und mit dieser Formulierung für Gesprächsstoff gesorgt. Anders ausgedrückt: Die duale Ausbildung mit immerhin rund 330 anerkannten Ausbildungsberufen hat offensichtlich ein Imageproblem. Hintergrund ist eine - so Bildungsexperten - lange einseitig geführte Bildungsdebatte: Dabei geht es auch und besonders um Wertmaßstäbe: „Heutzutage befinden sich viele Eltern in dem Irrglauben, nur ein Studium sichere ihren Sprösslingen eine gute Startposition ins Berufsleben“, hatte Dorothea Siems, promovierte Volkswirtin und Chefökonomin der „WELT“ in einem Beitrag Mitte 2018 geschrieben. „Fast jedem zweiten jungen Erwachsenen steht die Hochschule offen. Häufig allerdings folgt später der Realitätsschock. Denn das Abitur bedeutet zwar eine Studienberechtigung, aber anders als früher keineswegs immer auch die Studienbefähigung.“ Durch den Trend zum Studium habe die klassische Ausbildung zunehmend an Ansehen verloren. Festzustellen ist zudem, dass die Betriebe bei der Rekrutierung der Auszubildenden nicht nur gegenüber den Universitäten Probleme haben. Auch die Berufsfachschulen mit ihrer meist dreijährigen Ausbildung des Nachwuchses zu Pflegefachkräften oder Erziehern erfahren immer mehr an Akzeptanz, der Fachkräftemangel in diesen vorwiegend sozialen Berufen ist immens. Zudem geht auch die Akademisierung besonders im Handwerkerbereich voran, ein Bachelor-Abschluss ist eine nicht seltene Voraussetzung.

Extratipp zur Berufsfindung

Unabhängig von diesem Konkurrenzkampf ist und bleibt die duale Ausbildung mit Schule und Berufspraxis ein Erfolgsmodell. Sie gehört zu den Stärken des deutschen Bildungssystems. Eine Folge, so Arbeitsmarktexperten, ist die extrem niedrige Jugendarbeitslosigkeit. Ein Vergleich: Großbritannien mit zwei Spitzenuniversitäten, einer wesentlich höheren Akademikerquote als Deutschland, hat bei ähnlichen ökonomischen Bedingungen eine deutlich höhere Jugendarbeitslosigkeit. Nicht nur im europäischen Ausland zeichnet sich die Tendenz ab, das deutsche duale Berufssystem zumindest in Grundzügen zu etablieren. Ein wesentliches, insbesondere soziales Kriterium kommt in der Bundesrepublik hinzu: Hier erhalten auch lernschwache Jugendliche eine Chance. Viele Unternehmen bereiten diese jungen Menschen u. a. durch Nachhilfekurse auf die Lehrzeit vor. Auch Sozialarbeiter stehen bereit. Die angehenden Lehrlinge werden in diesem Übergangssektor für die Ausbildung vorbereitet. Insgesamt zeichnet sich folgende Tendenz ab: Unternehmen begreifen sich auch als Bildungsstätten mit lebenslangem Lernen in Theorie und Praxis. Was vielen Jugendlichen besonders gefüllt, ist die frühe Einbindung der Praxis, in der sich gerade lernschwache Azubis wohl fühlen. Die Schulexperten der Arnsberger Bezirksregierung sind sich einig: Es gibt niemanden, der nichts kann. Es gibt nur den individuellen Weg. Egbert Neuhaus, Chef des Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte mit Sitz in Neheim und Hamm, bezeichnet die soziale Verantwortung so: „Die soziale Herkunft darf kein Kriterium sein.“ Ein starkes Kriterium beim Plädoyer für die duale berufliche Ausbildung ist die Möglichkeit, sich weiterzubilden. Die Berufsausbildung, in der die Jugendlichen schon früh Geld verdienen, ist eine sehr gute Basis, um später die Karriereleiter zu erklimmen. Es gibt viele Optionen. Auch Auslandsaufenthalte bringen Vorteile, gerade vor dem Hintergrund der Globalisierung, die auch den deutschen Mittelstand zunehmend betrifft. Viel diskutiert wird auch die Frage: Wer verdient später mehr, ein Facharbeiter oder ein Akademiker? „Ein akademischer Abschluss bietet keinesfalls die Gewähr dafür, dass man später ein höheres Einkommen oder einen krisenfesteren Beruf hat“, betont WELT-Chefökonomin Dorothea Siems. „Ein Facharbeiter in der Metall- und Elektroindustrie verdient im Lauf der Jahre rund 55.000 Euro“, sagt Dr. Volker Verch, Geschäftsführer des heimischen Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte und spricht von „auskömmlichen Einkommen“ in dieser Branche. Insgesamt bleibt aber zu konstatieren, dass man mit einer akademischen Ausbildung später in „höhere Positionen mit entsprechendem Verdienst“ kommen kann. Auch die Einstiegsgehälter sind in der Regel höher. In der Politik hat man die Zeichen der Zeit erkannt: „Die Bundesregierung wird ihren Beitrag leisten, dass sich mehr Jugendliche für eine Ausbildung entscheiden“, erklärt Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger. „So wollen wir eine Exzellenzinitiative Berufliche Bildung auf den Weg bringen, um Ausbildung deutlich attraktiver zu machen. Darüber hinaus wollen wir einen Pakt zur Stärkung und Modernisierung berufsbildender Schulen auflegen und die Berufsorientierung flächendeckend ausbauen.“ Mit der Exzellenzinitiative sollen die besten Ideen zur Zukunft der beruflichen Bildung mit hochrangigen Auszeichnungen und mehrjährigen Zuschüssen gefördert werden. Übrigens: 2005 war eine Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung ins Leben gerufen worden. Das Studium als ein Weg zu einer hohen beruflichen Qualifizierung. „Das Studium ist aber keineswegs der einzige Weg“, erklärt Dorothea Siems. „Bildung hat viele Facetten.“ Dazu gehört auch die duale berufliche Ausbildung. 

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Es ist ein eindringliches Plädoyer: „Jeder junge Mensch, der ohne Ausbildung bleibt, ist einer zu viel. Unser Ziel ist es, deutlich mehr junge Menschen in Ausbildung zu bringen“, sagte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger Ende letzten Jahres bei der Präsentation der Ausbildungsmarktbilanz 2021, die mit 473.100 neuen Verträgen eine leichte Steigerung gegenüber dem Vorjahr aufweist. Die Zahl der noch offenen Ausbildungsstellen stieg aber um gut fünf Prozent auf 63.200. „Mich besorgt, dass Betriebe weiterhin von Schwierigkeiten bei der Besetzung ihrer Ausbildungsstellen berichten“, so die FDP-Ministerin, die selbst in einer Handwerker-Familie in Bad Soden (Taunus) aufgewachsen ist.

Text: Paul Senske

In der Tat: Der Arbeitsmarkt ist - auch wenn Corona die Tendenz abgeschwächt hat – aufnahmefähig wie seit Jahrzehnten nicht. Das gilt auch und besonders für unsere Region mit der starken industriellen und handwerklichen Infrastruktur und über 100 Weltmarktführern. Allein der Blick auf die Stellenangebote zeigt: Die Arbeitgeber buhlen buchstäblich um Nachwuchs mit einer dualen Ausbildung. Die Verhältnisse haben sich umgekehrt: Noch vor rund 20 Jahren hatten es Schulabgänger schwer, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Heute findet eine Vielzahl an Betrieben keine Kandidaten mehr oder sie müssen auf die „Wartebank“, ehe sie vor allem geeignete Bewerberinnen und Bewerber finden. Die Folgen sind volkswirtschaftlich groß: „Fehlende Auszubildende von heute sind der Fachkräftemangel von morgen. Unser Land braucht schon heute dringend mehr Fachkräfte“, betont die Bundesbildungsministerin. „Ich kann jungen Menschen daher nur raten, die Chance einer Ausbildung zu ergreifen.“

Berufliche Orientierung hat die Schulen lebensnäher gemacht

Mit diesem Appell ist Stark-Watzinger nicht allein. Unternehmensverbände, Gewerkschaften, Handwerkskammern, IHks, um nur einige Player zu nennen, nehmen sich mit Nachdruck dieses Themas an. Das gilt auch für die Schulen wie die in NRW mit der Initiative „Kein Abschluss ohne Anschluss – Übergang Schule – Beruf (KAoA)“. Diese berufliche Orientierung hat die Schulen lebendiger und vor allem lebensnäher gemacht. Dennoch ist die Zahl der Schüler, die ein Studium beginnen, weiterhin auf einem hohen Niveau. Das Bundesinstitut für Berufsbildung hatte vor Jahren einen wachsenden Mangel an Azubis und einen deutlichen Überhang an Akademikern prognostiziert. Auch wenn die Zahlen schwanken und Prognosen eben nur „Prognosen“ sind: Im Zeitraum 2020 - 2030, so das Institut, könnten rund vier Millionen Arbeitsplätze der nicht-akademischen Fachkräfte nicht wieder besetzt werden. Demgegenüber werde der Bedarf an Akademikern weit übertroffen. Diese Prognosen decken sich in etwa mit Schätzungen anderer Institute und Einrichtungen. Eine mögliche Folge: Das Wirtschaftswachstum könnte (dramatisch) einbrechen mit Konsequenzen für den Standort Deutschland. Andreas Rother, der Präsident der IHK Hellweg-Sauerland, hatte zuletzt im WOLL-Interview klargestellt, „dass wir in der Wirtschaft im Verhältnis einen Akademiker und zehn Facharbeiter benötigen. Dabei machen 50 Prozent der Jugendliche Abitur und studieren. Die Ausbildung muss jungen Menschen auch Spaß machen.“

„Akademisierungswahn“

In der Wirtschaft wird zunehmend von einem „Akademisierungswahn“ gesprochen. Der Münchner Philosoph Julia Nida-Rümelin hatte schon vor Jahren darauf hingewiesen und mit dieser Formulierung für Gesprächsstoff gesorgt. Anders ausgedrückt: Die duale Ausbildung mit immerhin rund 330 anerkannten Ausbildungsberufen hat offensichtlich ein Imageproblem. Hintergrund ist eine - so Bildungsexperten - lange einseitig geführte Bildungsdebatte: Dabei geht es auch und besonders um Wertmaßstäbe: „Heutzutage befinden sich viele Eltern in dem Irrglauben, nur ein Studium sichere ihren Sprösslingen eine gute Startposition ins Berufsleben“, hatte Dorothea Siems, promovierte Volkswirtin und Chefökonomin der „WELT“ in einem Beitrag Mitte 2018 geschrieben. „Fast jedem zweiten jungen Erwachsenen steht die Hochschule offen. Häufig allerdings folgt später der Realitätsschock. Denn das Abitur bedeutet zwar eine Studienberechtigung, aber anders als früher keineswegs immer auch die Studienbefähigung.“ Durch den Trend zum Studium habe die klassische Ausbildung zunehmend an Ansehen verloren. Festzustellen ist zudem, dass die Betriebe bei der Rekrutierung der Auszubildenden nicht nur gegenüber den Universitäten Probleme haben. Auch die Berufsfachschulen mit ihrer meist dreijährigen Ausbildung des Nachwuchses zu Pflegefachkräften oder Erziehern erfahren immer mehr an Akzeptanz, der Fachkräftemangel in diesen vorwiegend sozialen Berufen ist immens. Zudem geht auch die Akademisierung besonders im Handwerkerbereich voran, ein Bachelor-Abschluss ist eine nicht seltene Voraussetzung.

Extratipp zur Berufsfindung

Unabhängig von diesem Konkurrenzkampf ist und bleibt die duale Ausbildung mit Schule und Berufspraxis ein Erfolgsmodell. Sie gehört zu den Stärken des deutschen Bildungssystems. Eine Folge, so Arbeitsmarktexperten, ist die extrem niedrige Jugendarbeitslosigkeit. Ein Vergleich: Großbritannien mit zwei Spitzenuniversitäten, einer wesentlich höheren Akademikerquote als Deutschland, hat bei ähnlichen ökonomischen Bedingungen eine deutlich höhere Jugendarbeitslosigkeit. Nicht nur im europäischen Ausland zeichnet sich die Tendenz ab, das deutsche duale Berufssystem zumindest in Grundzügen zu etablieren. Ein wesentliches, insbesondere soziales Kriterium kommt in der Bundesrepublik hinzu: Hier erhalten auch lernschwache Jugendliche eine Chance. Viele Unternehmen bereiten diese jungen Menschen u. a. durch Nachhilfekurse auf die Lehrzeit vor. Auch Sozialarbeiter stehen bereit. Die angehenden Lehrlinge werden in diesem Übergangssektor für die Ausbildung vorbereitet. Insgesamt zeichnet sich folgende Tendenz ab: Unternehmen begreifen sich auch als Bildungsstätten mit lebenslangem Lernen in Theorie und Praxis. Was vielen Jugendlichen besonders gefüllt, ist die frühe Einbindung der Praxis, in der sich gerade lernschwache Azubis wohl fühlen. Die Schulexperten der Arnsberger Bezirksregierung sind sich einig: Es gibt niemanden, der nichts kann. Es gibt nur den individuellen Weg. Egbert Neuhaus, Chef des Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte mit Sitz in Neheim und Hamm, bezeichnet die soziale Verantwortung so: „Die soziale Herkunft darf kein Kriterium sein.“ Ein starkes Kriterium beim Plädoyer für die duale berufliche Ausbildung ist die Möglichkeit, sich weiterzubilden. Die Berufsausbildung, in der die Jugendlichen schon früh Geld verdienen, ist eine sehr gute Basis, um später die Karriereleiter zu erklimmen. Es gibt viele Optionen. Auch Auslandsaufenthalte bringen Vorteile, gerade vor dem Hintergrund der Globalisierung, die auch den deutschen Mittelstand zunehmend betrifft. Viel diskutiert wird auch die Frage: Wer verdient später mehr, ein Facharbeiter oder ein Akademiker? „Ein akademischer Abschluss bietet keinesfalls die Gewähr dafür, dass man später ein höheres Einkommen oder einen krisenfesteren Beruf hat“, betont WELT-Chefökonomin Dorothea Siems. „Ein Facharbeiter in der Metall- und Elektroindustrie verdient im Lauf der Jahre rund 55.000 Euro“, sagt Dr. Volker Verch, Geschäftsführer des heimischen Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte und spricht von „auskömmlichen Einkommen“ in dieser Branche. Insgesamt bleibt aber zu konstatieren, dass man mit einer akademischen Ausbildung später in „höhere Positionen mit entsprechendem Verdienst“ kommen kann. Auch die Einstiegsgehälter sind in der Regel höher. In der Politik hat man die Zeichen der Zeit erkannt: „Die Bundesregierung wird ihren Beitrag leisten, dass sich mehr Jugendliche für eine Ausbildung entscheiden“, erklärt Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger. „So wollen wir eine Exzellenzinitiative Berufliche Bildung auf den Weg bringen, um Ausbildung deutlich attraktiver zu machen. Darüber hinaus wollen wir einen Pakt zur Stärkung und Modernisierung berufsbildender Schulen auflegen und die Berufsorientierung flächendeckend ausbauen.“ Mit der Exzellenzinitiative sollen die besten Ideen zur Zukunft der beruflichen Bildung mit hochrangigen Auszeichnungen und mehrjährigen Zuschüssen gefördert werden. Übrigens: 2005 war eine Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung ins Leben gerufen worden. Das Studium als ein Weg zu einer hohen beruflichen Qualifizierung. „Das Studium ist aber keineswegs der einzige Weg“, erklärt Dorothea Siems. „Bildung hat viele Facetten.“ Dazu gehört auch die duale berufliche Ausbildung. 

Es ist ein eindringliches Plädoyer: „Jeder junge Mensch, der ohne Ausbildung bleibt, ist einer zu viel. Unser Ziel ist es, deutlich mehr junge Menschen in Ausbildung zu bringen“, sagte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger Ende letzten Jahres bei der Präsentation der Ausbildungsmarktbilanz 2021, die mit 473.100 neuen Verträgen eine leichte Steigerung gegenüber dem Vorjahr aufweist. Die Zahl der noch offenen Ausbildungsstellen stieg aber um gut fünf Prozent auf 63.200. „Mich besorgt, dass Betriebe weiterhin von Schwierigkeiten bei der Besetzung ihrer Ausbildungsstellen berichten“, so die FDP-Ministerin, die selbst in einer Handwerker-Familie in Bad Soden (Taunus) aufgewachsen ist.

Text: Paul Senske

In der Tat: Der Arbeitsmarkt ist - auch wenn Corona die Tendenz abgeschwächt hat – aufnahmefähig wie seit Jahrzehnten nicht. Das gilt auch und besonders für unsere Region mit der starken industriellen und handwerklichen Infrastruktur und über 100 Weltmarktführern. Allein der Blick auf die Stellenangebote zeigt: Die Arbeitgeber buhlen buchstäblich um Nachwuchs mit einer dualen Ausbildung. Die Verhältnisse haben sich umgekehrt: Noch vor rund 20 Jahren hatten es Schulabgänger schwer, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Heute findet eine Vielzahl an Betrieben keine Kandidaten mehr oder sie müssen auf die „Wartebank“, ehe sie vor allem geeignete Bewerberinnen und Bewerber finden. Die Folgen sind volkswirtschaftlich groß: „Fehlende Auszubildende von heute sind der Fachkräftemangel von morgen. Unser Land braucht schon heute dringend mehr Fachkräfte“, betont die Bundesbildungsministerin. „Ich kann jungen Menschen daher nur raten, die Chance einer Ausbildung zu ergreifen.“

Berufliche Orientierung hat die Schulen lebensnäher gemacht

Mit diesem Appell ist Stark-Watzinger nicht allein. Unternehmensverbände, Gewerkschaften, Handwerkskammern, IHks, um nur einige Player zu nennen, nehmen sich mit Nachdruck dieses Themas an. Das gilt auch für die Schulen wie die in NRW mit der Initiative „Kein Abschluss ohne Anschluss – Übergang Schule – Beruf (KAoA)“. Diese berufliche Orientierung hat die Schulen lebendiger und vor allem lebensnäher gemacht. Dennoch ist die Zahl der Schüler, die ein Studium beginnen, weiterhin auf einem hohen Niveau. Das Bundesinstitut für Berufsbildung hatte vor Jahren einen wachsenden Mangel an Azubis und einen deutlichen Überhang an Akademikern prognostiziert. Auch wenn die Zahlen schwanken und Prognosen eben nur „Prognosen“ sind: Im Zeitraum 2020 - 2030, so das Institut, könnten rund vier Millionen Arbeitsplätze der nicht-akademischen Fachkräfte nicht wieder besetzt werden. Demgegenüber werde der Bedarf an Akademikern weit übertroffen. Diese Prognosen decken sich in etwa mit Schätzungen anderer Institute und Einrichtungen. Eine mögliche Folge: Das Wirtschaftswachstum könnte (dramatisch) einbrechen mit Konsequenzen für den Standort Deutschland. Andreas Rother, der Präsident der IHK Hellweg-Sauerland, hatte zuletzt im WOLL-Interview klargestellt, „dass wir in der Wirtschaft im Verhältnis einen Akademiker und zehn Facharbeiter benötigen. Dabei machen 50 Prozent der Jugendliche Abitur und studieren. Die Ausbildung muss jungen Menschen auch Spaß machen.“

„Akademisierungswahn“

In der Wirtschaft wird zunehmend von einem „Akademisierungswahn“ gesprochen. Der Münchner Philosoph Julia Nida-Rümelin hatte schon vor Jahren darauf hingewiesen und mit dieser Formulierung für Gesprächsstoff gesorgt. Anders ausgedrückt: Die duale Ausbildung mit immerhin rund 330 anerkannten Ausbildungsberufen hat offensichtlich ein Imageproblem. Hintergrund ist eine - so Bildungsexperten - lange einseitig geführte Bildungsdebatte: Dabei geht es auch und besonders um Wertmaßstäbe: „Heutzutage befinden sich viele Eltern in dem Irrglauben, nur ein Studium sichere ihren Sprösslingen eine gute Startposition ins Berufsleben“, hatte Dorothea Siems, promovierte Volkswirtin und Chefökonomin der „WELT“ in einem Beitrag Mitte 2018 geschrieben. „Fast jedem zweiten jungen Erwachsenen steht die Hochschule offen. Häufig allerdings folgt später der Realitätsschock. Denn das Abitur bedeutet zwar eine Studienberechtigung, aber anders als früher keineswegs immer auch die Studienbefähigung.“ Durch den Trend zum Studium habe die klassische Ausbildung zunehmend an Ansehen verloren. Festzustellen ist zudem, dass die Betriebe bei der Rekrutierung der Auszubildenden nicht nur gegenüber den Universitäten Probleme haben. Auch die Berufsfachschulen mit ihrer meist dreijährigen Ausbildung des Nachwuchses zu Pflegefachkräften oder Erziehern erfahren immer mehr an Akzeptanz, der Fachkräftemangel in diesen vorwiegend sozialen Berufen ist immens. Zudem geht auch die Akademisierung besonders im Handwerkerbereich voran, ein Bachelor-Abschluss ist eine nicht seltene Voraussetzung.

Extratipp zur Berufsfindung

Unabhängig von diesem Konkurrenzkampf ist und bleibt die duale Ausbildung mit Schule und Berufspraxis ein Erfolgsmodell. Sie gehört zu den Stärken des deutschen Bildungssystems. Eine Folge, so Arbeitsmarktexperten, ist die extrem niedrige Jugendarbeitslosigkeit. Ein Vergleich: Großbritannien mit zwei Spitzenuniversitäten, einer wesentlich höheren Akademikerquote als Deutschland, hat bei ähnlichen ökonomischen Bedingungen eine deutlich höhere Jugendarbeitslosigkeit. Nicht nur im europäischen Ausland zeichnet sich die Tendenz ab, das deutsche duale Berufssystem zumindest in Grundzügen zu etablieren. Ein wesentliches, insbesondere soziales Kriterium kommt in der Bundesrepublik hinzu: Hier erhalten auch lernschwache Jugendliche eine Chance. Viele Unternehmen bereiten diese jungen Menschen u. a. durch Nachhilfekurse auf die Lehrzeit vor. Auch Sozialarbeiter stehen bereit. Die angehenden Lehrlinge werden in diesem Übergangssektor für die Ausbildung vorbereitet. Insgesamt zeichnet sich folgende Tendenz ab: Unternehmen begreifen sich auch als Bildungsstätten mit lebenslangem Lernen in Theorie und Praxis. Was vielen Jugendlichen besonders gefüllt, ist die frühe Einbindung der Praxis, in der sich gerade lernschwache Azubis wohl fühlen. Die Schulexperten der Arnsberger Bezirksregierung sind sich einig: Es gibt niemanden, der nichts kann. Es gibt nur den individuellen Weg. Egbert Neuhaus, Chef des Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte mit Sitz in Neheim und Hamm, bezeichnet die soziale Verantwortung so: „Die soziale Herkunft darf kein Kriterium sein.“ Ein starkes Kriterium beim Plädoyer für die duale berufliche Ausbildung ist die Möglichkeit, sich weiterzubilden. Die Berufsausbildung, in der die Jugendlichen schon früh Geld verdienen, ist eine sehr gute Basis, um später die Karriereleiter zu erklimmen. Es gibt viele Optionen. Auch Auslandsaufenthalte bringen Vorteile, gerade vor dem Hintergrund der Globalisierung, die auch den deutschen Mittelstand zunehmend betrifft. Viel diskutiert wird auch die Frage: Wer verdient später mehr, ein Facharbeiter oder ein Akademiker? „Ein akademischer Abschluss bietet keinesfalls die Gewähr dafür, dass man später ein höheres Einkommen oder einen krisenfesteren Beruf hat“, betont WELT-Chefökonomin Dorothea Siems. „Ein Facharbeiter in der Metall- und Elektroindustrie verdient im Lauf der Jahre rund 55.000 Euro“, sagt Dr. Volker Verch, Geschäftsführer des heimischen Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte und spricht von „auskömmlichen Einkommen“ in dieser Branche. Insgesamt bleibt aber zu konstatieren, dass man mit einer akademischen Ausbildung später in „höhere Positionen mit entsprechendem Verdienst“ kommen kann. Auch die Einstiegsgehälter sind in der Regel höher. In der Politik hat man die Zeichen der Zeit erkannt: „Die Bundesregierung wird ihren Beitrag leisten, dass sich mehr Jugendliche für eine Ausbildung entscheiden“, erklärt Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger. „So wollen wir eine Exzellenzinitiative Berufliche Bildung auf den Weg bringen, um Ausbildung deutlich attraktiver zu machen. Darüber hinaus wollen wir einen Pakt zur Stärkung und Modernisierung berufsbildender Schulen auflegen und die Berufsorientierung flächendeckend ausbauen.“ Mit der Exzellenzinitiative sollen die besten Ideen zur Zukunft der beruflichen Bildung mit hochrangigen Auszeichnungen und mehrjährigen Zuschüssen gefördert werden. Übrigens: 2005 war eine Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung ins Leben gerufen worden. Das Studium als ein Weg zu einer hohen beruflichen Qualifizierung. „Das Studium ist aber keineswegs der einzige Weg“, erklärt Dorothea Siems. „Bildung hat viele Facetten.“ Dazu gehört auch die duale berufliche Ausbildung. 

Es ist ein eindringliches Plädoyer: „Jeder junge Mensch, der ohne Ausbildung bleibt, ist einer zu viel. Unser Ziel ist es, deutlich mehr junge Menschen in Ausbildung zu bringen“, sagte Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger Ende letzten Jahres bei der Präsentation der Ausbildungsmarktbilanz 2021, die mit 473.100 neuen Verträgen eine leichte Steigerung gegenüber dem Vorjahr aufweist. Die Zahl der noch offenen Ausbildungsstellen stieg aber um gut fünf Prozent auf 63.200. „Mich besorgt, dass Betriebe weiterhin von Schwierigkeiten bei der Besetzung ihrer Ausbildungsstellen berichten“, so die FDP-Ministerin, die selbst in einer Handwerker-Familie in Bad Soden (Taunus) aufgewachsen ist.

Text: Paul Senske

In der Tat: Der Arbeitsmarkt ist - auch wenn Corona die Tendenz abgeschwächt hat – aufnahmefähig wie seit Jahrzehnten nicht. Das gilt auch und besonders für unsere Region mit der starken industriellen und handwerklichen Infrastruktur und über 100 Weltmarktführern. Allein der Blick auf die Stellenangebote zeigt: Die Arbeitgeber buhlen buchstäblich um Nachwuchs mit einer dualen Ausbildung. Die Verhältnisse haben sich umgekehrt: Noch vor rund 20 Jahren hatten es Schulabgänger schwer, einen Ausbildungsplatz zu bekommen. Heute findet eine Vielzahl an Betrieben keine Kandidaten mehr oder sie müssen auf die „Wartebank“, ehe sie vor allem geeignete Bewerberinnen und Bewerber finden. Die Folgen sind volkswirtschaftlich groß: „Fehlende Auszubildende von heute sind der Fachkräftemangel von morgen. Unser Land braucht schon heute dringend mehr Fachkräfte“, betont die Bundesbildungsministerin. „Ich kann jungen Menschen daher nur raten, die Chance einer Ausbildung zu ergreifen.“

Berufliche Orientierung hat die Schulen lebensnäher gemacht

Mit diesem Appell ist Stark-Watzinger nicht allein. Unternehmensverbände, Gewerkschaften, Handwerkskammern, IHks, um nur einige Player zu nennen, nehmen sich mit Nachdruck dieses Themas an. Das gilt auch für die Schulen wie die in NRW mit der Initiative „Kein Abschluss ohne Anschluss – Übergang Schule – Beruf (KAoA)“. Diese berufliche Orientierung hat die Schulen lebendiger und vor allem lebensnäher gemacht. Dennoch ist die Zahl der Schüler, die ein Studium beginnen, weiterhin auf einem hohen Niveau. Das Bundesinstitut für Berufsbildung hatte vor Jahren einen wachsenden Mangel an Azubis und einen deutlichen Überhang an Akademikern prognostiziert. Auch wenn die Zahlen schwanken und Prognosen eben nur „Prognosen“ sind: Im Zeitraum 2020 - 2030, so das Institut, könnten rund vier Millionen Arbeitsplätze der nicht-akademischen Fachkräfte nicht wieder besetzt werden. Demgegenüber werde der Bedarf an Akademikern weit übertroffen. Diese Prognosen decken sich in etwa mit Schätzungen anderer Institute und Einrichtungen. Eine mögliche Folge: Das Wirtschaftswachstum könnte (dramatisch) einbrechen mit Konsequenzen für den Standort Deutschland. Andreas Rother, der Präsident der IHK Hellweg-Sauerland, hatte zuletzt im WOLL-Interview klargestellt, „dass wir in der Wirtschaft im Verhältnis einen Akademiker und zehn Facharbeiter benötigen. Dabei machen 50 Prozent der Jugendliche Abitur und studieren. Die Ausbildung muss jungen Menschen auch Spaß machen.“

„Akademisierungswahn“

In der Wirtschaft wird zunehmend von einem „Akademisierungswahn“ gesprochen. Der Münchner Philosoph Julia Nida-Rümelin hatte schon vor Jahren darauf hingewiesen und mit dieser Formulierung für Gesprächsstoff gesorgt. Anders ausgedrückt: Die duale Ausbildung mit immerhin rund 330 anerkannten Ausbildungsberufen hat offensichtlich ein Imageproblem. Hintergrund ist eine - so Bildungsexperten - lange einseitig geführte Bildungsdebatte: Dabei geht es auch und besonders um Wertmaßstäbe: „Heutzutage befinden sich viele Eltern in dem Irrglauben, nur ein Studium sichere ihren Sprösslingen eine gute Startposition ins Berufsleben“, hatte Dorothea Siems, promovierte Volkswirtin und Chefökonomin der „WELT“ in einem Beitrag Mitte 2018 geschrieben. „Fast jedem zweiten jungen Erwachsenen steht die Hochschule offen. Häufig allerdings folgt später der Realitätsschock. Denn das Abitur bedeutet zwar eine Studienberechtigung, aber anders als früher keineswegs immer auch die Studienbefähigung.“ Durch den Trend zum Studium habe die klassische Ausbildung zunehmend an Ansehen verloren. Festzustellen ist zudem, dass die Betriebe bei der Rekrutierung der Auszubildenden nicht nur gegenüber den Universitäten Probleme haben. Auch die Berufsfachschulen mit ihrer meist dreijährigen Ausbildung des Nachwuchses zu Pflegefachkräften oder Erziehern erfahren immer mehr an Akzeptanz, der Fachkräftemangel in diesen vorwiegend sozialen Berufen ist immens. Zudem geht auch die Akademisierung besonders im Handwerkerbereich voran, ein Bachelor-Abschluss ist eine nicht seltene Voraussetzung.

Extratipp zur Berufsfindung

Unabhängig von diesem Konkurrenzkampf ist und bleibt die duale Ausbildung mit Schule und Berufspraxis ein Erfolgsmodell. Sie gehört zu den Stärken des deutschen Bildungssystems. Eine Folge, so Arbeitsmarktexperten, ist die extrem niedrige Jugendarbeitslosigkeit. Ein Vergleich: Großbritannien mit zwei Spitzenuniversitäten, einer wesentlich höheren Akademikerquote als Deutschland, hat bei ähnlichen ökonomischen Bedingungen eine deutlich höhere Jugendarbeitslosigkeit. Nicht nur im europäischen Ausland zeichnet sich die Tendenz ab, das deutsche duale Berufssystem zumindest in Grundzügen zu etablieren. Ein wesentliches, insbesondere soziales Kriterium kommt in der Bundesrepublik hinzu: Hier erhalten auch lernschwache Jugendliche eine Chance. Viele Unternehmen bereiten diese jungen Menschen u. a. durch Nachhilfekurse auf die Lehrzeit vor. Auch Sozialarbeiter stehen bereit. Die angehenden Lehrlinge werden in diesem Übergangssektor für die Ausbildung vorbereitet. Insgesamt zeichnet sich folgende Tendenz ab: Unternehmen begreifen sich auch als Bildungsstätten mit lebenslangem Lernen in Theorie und Praxis. Was vielen Jugendlichen besonders gefüllt, ist die frühe Einbindung der Praxis, in der sich gerade lernschwache Azubis wohl fühlen. Die Schulexperten der Arnsberger Bezirksregierung sind sich einig: Es gibt niemanden, der nichts kann. Es gibt nur den individuellen Weg. Egbert Neuhaus, Chef des Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte mit Sitz in Neheim und Hamm, bezeichnet die soziale Verantwortung so: „Die soziale Herkunft darf kein Kriterium sein.“ Ein starkes Kriterium beim Plädoyer für die duale berufliche Ausbildung ist die Möglichkeit, sich weiterzubilden. Die Berufsausbildung, in der die Jugendlichen schon früh Geld verdienen, ist eine sehr gute Basis, um später die Karriereleiter zu erklimmen. Es gibt viele Optionen. Auch Auslandsaufenthalte bringen Vorteile, gerade vor dem Hintergrund der Globalisierung, die auch den deutschen Mittelstand zunehmend betrifft. Viel diskutiert wird auch die Frage: Wer verdient später mehr, ein Facharbeiter oder ein Akademiker? „Ein akademischer Abschluss bietet keinesfalls die Gewähr dafür, dass man später ein höheres Einkommen oder einen krisenfesteren Beruf hat“, betont WELT-Chefökonomin Dorothea Siems. „Ein Facharbeiter in der Metall- und Elektroindustrie verdient im Lauf der Jahre rund 55.000 Euro“, sagt Dr. Volker Verch, Geschäftsführer des heimischen Unternehmensverbandes Westfalen-Mitte und spricht von „auskömmlichen Einkommen“ in dieser Branche. Insgesamt bleibt aber zu konstatieren, dass man mit einer akademischen Ausbildung später in „höhere Positionen mit entsprechendem Verdienst“ kommen kann. Auch die Einstiegsgehälter sind in der Regel höher. In der Politik hat man die Zeichen der Zeit erkannt: „Die Bundesregierung wird ihren Beitrag leisten, dass sich mehr Jugendliche für eine Ausbildung entscheiden“, erklärt Bundesbildungsministerin Stark-Watzinger. „So wollen wir eine Exzellenzinitiative Berufliche Bildung auf den Weg bringen, um Ausbildung deutlich attraktiver zu machen. Darüber hinaus wollen wir einen Pakt zur Stärkung und Modernisierung berufsbildender Schulen auflegen und die Berufsorientierung flächendeckend ausbauen.“ Mit der Exzellenzinitiative sollen die besten Ideen zur Zukunft der beruflichen Bildung mit hochrangigen Auszeichnungen und mehrjährigen Zuschüssen gefördert werden. Übrigens: 2005 war eine Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder zur Förderung von Wissenschaft und Forschung ins Leben gerufen worden. Das Studium als ein Weg zu einer hohen beruflichen Qualifizierung. „Das Studium ist aber keineswegs der einzige Weg“, erklärt Dorothea Siems. „Bildung hat viele Facetten.“ Dazu gehört auch die duale berufliche Ausbildung. 

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