„Wir wollten das schaffen“

Mirza und Mohammad Amini

Zwei jugendliche Männer, 15 und 16 Jahre alt, müssen ihre Heimat verlassen und fliehen nach Deutschland. Sie sprechen unsere Sprache nicht, sie kennen niemanden, unsere kulturellen Strukturen sind ihnen fremd, sie wissen nur eins ganz sicher: „Wir wollen das schaffen“. Damit meinen sie, dass ihr voller Einsatz für eine Integration in unserem Land für sie von Anfang an selbstverständlich war. Ihr Vertrauen auf unsere Bereitschaft, jedem Menschen eine Chance zu geben, wurde nicht enttäuscht.

Text: Sabina Butz
Fotos: S. Droste

Im Jahr 2015 flohen die aus derselben Großfamilie stammenden Mirza und Mohammad Amini, aus Afghanistan.  Im November 2015 kamen sie in Deutschland an und wurden in einer Unterkunft für minderjährige Flüchtlinge in Meschede untergebracht. Schon bald war ihnen klar: Wenn wir hier mit unseren Landsleuten „Dari“ sprechen, kommen wir in der deutschen Sprache nicht weiter. Deshalb baten sie ihre Betreuerin um die Vermittlung einer Pflegefamilie und zogen zusammen im Mai 2016 bei der Familie Tast in Heringhausen ein. Da sie schulpflichtig waren, erhielten sie von Anfang an Unterricht in der Internationalen Förderklasse und in der Gastfamilie liebevolle Unterstützung. Heike Tast besuchte 2017 mit ihnen die Berufsinformationsbörse in Meschede. Während für Mirza schon als Kind klar war, dass er beruflich gern etwas mit Autos machen möchte, kam Mohammad durch den Ausbildungsfilm am Stand ihres jetzigen Arbeitsgebers auf die Idee seiner Berufswahl als Fahrzeuglackierer. Die Begegnung auf der BIB mit dem Unternehmer Meinolf Ewers war für die beiden der Beginn einer “Flüchtlingskarriere“, die ihresgleichen sucht:

Zunächst folgte ein Praktikum bei einer Mescheder Karosserie- und Fahrzeugbau-Firma, dann eine einjährige Einstiegsqualifizierungs-maßnahme, die nahtlos ins zweite Lehrjahr überging, gefolgt von einem erfolgreichen Abschluss: Mirza als Mechaniker für Karosserie- und Fahrzeugbau und Mohammad als Fahrzeuglackierer. Mirza schloss sogar als Zweitbester seines Jahrgangs in NRW ab, was ihm finanzielle Unterstützung für die Weiterbildung zum Meister bringt. Beide wurden mit Bestehen der Gesellenprüfung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen und fühlen sich als absolut gleichwertige und anerkannte Mitarbeiter. Und: Mit dem deutschen Facharbeiterbrief brauchen Mirza und Mohammad eine Abschiebung nicht mehr zu fürchten!

Deutsch lernen ist das Allerwichtigste

„Uns war klar, dass wir als erstes Deutsch lernen mussten“, erklärt Mirza und Mohammad ergänzt: „Unser Chef hat das zur Vorbedingung für eine Ausbildung gemacht, und das hat uns natürlich sehr angespornt“. „Ohne Deutschkenntnisse gibt es einfach keine Möglichkeit, eine Lehre erfolgreich abzuschließen. Auch mit Deutschkenntnissen ist es noch schwer genug“, weiß ihr Arbeitgeber. Immerhin liegt die Abbruchrate bei Flüchtlingsazubis im hohen zweistelligen Bereich.

Wir wollten das schaffen

Mirza und Mohammad sind sich einig: Ja, es war hart und eine schwierige Zeit, die uns viel abverlangt hat. Wir hatten sehr viel Unterstützung in unserer Gastfamilie und in unserer „Unternehmensfamilie“. Dafür sind wir dankbar. Natürlich sind wir auch stolz auf uns.

Eine sehr bereichernde Zeit

Auch die Gast-Familie, deren eigene Söhne damals schon aus dem Haus waren, hat die gemeinsamen Jahre als sehr bereichernd empfunden: „Für uns war es anfänglich eine Christenpflicht, unsere Hilfe anzubieten“, erklärt uns Gastvater Matthias Tast. „Aber durch die gemeinsame Zeit sind Mirza und Mohammad zu Familienangehörigen geworden“.

Win-Win-Situation

Ihr Arbeitgeber Meinolf Ewers betont den wirtschaftlichen Mehrwert: „Wir suchen qualifizierte Facharbeiter, da spielt die Nationalität keine Rolle, sondern ausschließlich die Qualifikation.“ Man merkt ihm allerdings an, dass er ebenfalls stolz ist auf diese beiden Mitarbeiter, die ihm ganz offensichtlich auch ans Herz gewachsen sind.

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