Jan Volkmann aus Lippstadt arbeitet „mit Einschränkungen“
Text: Christel Zidi
„Ich mache alles übers Handy. Über Bluetooth. Die Telefonanlage ist mit dem Hörgerät verbunden. So höre ich noch alles“. Schwierig wird es für Jan Volkmann erst, wenn viele Leute durcheinander sprechen: „Das ist das Problem, generell.“ Auch kommt es auf die Raumakustik an: Kein Teppich und wenig Mobiliar, wodurch der Schall geschluckt werden kann, das wird für ihn aufgrund seiner Hörbehinderung bei Besprechungen schon mal zum Problem.
Schwierige Besprechungen
„Zahlen, Daten, Fakten sammeln“, das ist sein Job als Controller. Wenn er die aufbereiteten Monatsabschlüsse, Gewinn- und Verlustrechnungen u. a. der Geschäftsführung vorlegt, müssen die Zahlen stimmen - er trägt Verantwortung. Besprechungen sind für ihn schwierig. „Im Meeting verwechsle ich schon mal die Zahlen Zwei und Drei – was mir am Telefon nicht passiert. Aus dem Konsens heraus kann ich natürlich verstehen, was die einzelnen Leute wollen, auch weil ich sie meist schon länger kenne. Aber jede Finesse rauszuhören – das ist „sauschwierig“. Bis vor sechs Jahren fuhr er gelegentlich auf Geschäftsreise nach Dänemark. Das fällt ihm mittlerweile recht schwer, denn die Konversation auf Englisch ist - trotz guter Hörgeräte - kompliziert.
Als Jan vor zehn Jahren in seiner heutigen Firma anfing, war seine Hörleistung noch besser. Hörgeräte hatte er allerdings schon seit seinem 25. Lebensjahr. Wenn er die Schwerhörigkeit bereits im Abi oder im Studium in der Schwere gehabt hätte, wäre es mit den Abschlüssen schwierig geworden. Sein Gehört erbringt heute – so hat der Sprachrohrtest gezeigt – nur noch eine Leistung von 5 %.
Jan schwört auf gute technische Unterstützung: „Mit Bluetooth ist viel möglich. Das ist das Beste!“ Bei Gesprächen, die er übers Telefon führt, gibt es eine nahezu 100%ige Verständlichkeit. Überwiegend arbeitet er im Backoffice. Wir sitzen zu dritt im Büro. Ein Kollege muss viel telefonieren, dann ist es natürlich problematischer. Aber sonst geht es.“ Und es kommt auf die Tageszeit an. „Morgens ist es immer besser als abends, weil man über den Tag die Konzentration verliert. Und zu Beginn der Woche auch besser als zum Wochenende hin. Das Ohr ermüdet.“
Jan ist froh, dass er wegen der Hörbehinderung beruflich nicht umsatteln muss: „Wenn ich z. B. Lehrer wäre und eine große Klasse hätte, das ginge nicht. Da ist dann die Bürotätigkeit schon gut und dass man über diese Bluetooth-Fähigkeit vieles steuern kann.“
Derzeit liebäugelt Jan mit einem Gerät, das sich bei Besprechungen auf die Person einstellt, die gerade Wortführer ist. Es wird auf den Tisch gelegt und das Gesprochene wird über Bluetooth an seine Hörgeräte gesendet. Allerdings ist das mit hohen Anschaffungskosten verbunden, die bisher nicht von der Krankenkasse bzw. dem Rentenversicherungsträger übernommen werden, da die Hörgeräte nicht ausschließlich beruflich genutzt werden.
Im privaten Bereich ist auch sein Fernseher daran gekoppelt. „Dazu habe ich einen Transmitter und dann geht’s ins Ohr. Super. Trotzdem mache ich mir noch Untertitel an. Dann verstehe ich jedes Wort, das kann dann noch so leise sein - weil das Hirn dann Unterstützung hat. Das funktioniert sogar über Microsoft Teams, dort mit Live-Untertiteln.“
Jessica Peters vom Integrationsfachdienst (IFD) der Diakonie Ruhr-Hellweg in Meschede kann weitere Beispiele nennen, bei denen die Integration ins Berufsleben gelungen ist: „Eine junge Frau lötet hochkomplizierte, elektrische Schaltungen. Ihre Stärke ist die Feinmotorik. Da spielt es keine Rolle, dass der Aktionsradius ihrer Arme gering ist. Ein anderer junger Mensch arbeitet im Onlinehandel und erstellt hier Kataloge. Dass er stark humpelt, ist für die Arbeit irrelevant. Er ist voll integriert und macht gute Arbeit. Die Firma hat die Eingangstreppe baulich etwas verändert und die Kosten hierfür voll erstattet bekommen.“ In beiden Fällen war der IFD intensiv beteiligt, die Hilfen gut aufeinander abgestimmt.
„Grundsätzlich stehen alle Ausbildungsberufe jungen Menschen offen“, sagt Jessica Peters. „Sicher müssen die Neigungen berücksichtigt werden. Jemand, der sich gerne viel bewegt, sollte nicht unbedingt einen Arbeitsplatz ausüben, an dem er ausschließlich konzentriert mit dem Kopf arbeiten muss. In vielen Bereichen können körperliche Einschränkungen zu einem Teil ausgeglichen werden. Wichtig ist, darauf zu achten, dass der Beruf gut zur eigenen Persönlichkeit und Fähigkeit passt.“