Dem Biergeheimnis auf der Spur
Was für ein Glück für die Sauerländer, denn so einige Brauereien sorgen dafür, dass uns das Bier nie ausgeht. Veranstaltungen wie das Schützen- oder Oktoberfest wäre ohne das heimische Bier kaum vorstellbar, deshalb schätzen wir die Arbeit der Brauer und Mälzer auch ganz besonders.
Text: Christel Zidi
Köstlich war das erste Bier, das die Sumerer vor tausenden von Jahren in Mesopotamien aus gegorenem Brotteig herstellten, wohl eher nicht zu nennen. Auch das Bier der Germanen war wohl eher wegen der Wirkung des Alkohols als wegen seines guten Geschmacks beliebt. Im Mittelalter waren es vor allen die Mönche, die die Kunst des Brauens weiter ausbauten. Ihr nahrhaftes Bier half ihnen über die karge Fastenzeit hinweg, getreu dem Motto: „Was flüssig ist, bricht kein Fasten“. Nach Ende des Mittelalters entstanden in Westfalen zahlreiche Brauereien, die im Kleingewerbe betrieben wurden. Mit den Möglichkeiten, die die Industrialisierung brachte – moderne Kühltechnik, bessere Transportmöglichkeiten – konnten die bekannten Brauereien erfolgreich expandieren.
Nur vier Zutaten
Beim deutschen Bier können wir uns seiner Reinheit immer sicher sein, denn seit 1516 gilt das „deutsche Reinheitsgebot“, wonach Bier ausschließlich aus Malz, Hopfen, Hefe und Wasser gebraut werden darf.
Malz ist kurz eingeweichtes Getreide, das zum Keimen gebracht wird. Bei Sauerländer Bieren wird Gerste dafür verwendet, in Bayern eher Weizen, aber auch Roggen, Reis und Mais ist möglich. Ein Teil der Stärke in den Getreidekörnern wird dabei in Zucker umgewandelt. Dann wird das Ganze getrocknet und - wenn man dunkles Bier möchte - anschließend geröstet.


Der Hopfen für das Sauerländer Bier kommt meist aus Hallertau in Bayern, dem größten zusammenhängenden Anbaugebiet der Welt oder aus Tettgang in der Nähe des Bodensees.
Doch auch im Sauerland wird Hopfen angebaut, und zwar in einem Umkreis von einem Kilometer rund um den Brauhof Hallenberg Hopfen, der nur auf der nördlichen Erdhalbkugel wächst, sorgt für eine bessere Haltbarkeit du eine schöne Schaumbildung. Er verleiht dem Bier seinen angenehm-bitteren Geschmack. Ohne diese bittere Note wäre Bier einfach zu süß. Früher setzt man dem Bier – mangels Kühlmöglichkeiten –mehr Hopfen zu, um es haltbar zu machen. Hopfen gehört zu einer der beiden Gattungen der Hanf-Gewächse. Aber eben zu der, die nicht süchtig macht. In der Pharmazie verwendet man Hopfen gern aufgrund seiner beruhigenden Wirkung.
Der Zucker wird dann durch Hefe-Pilze langsam in Alkohol und Kohlendioxid umgewandelt. Kohlendioxid ist ein Gas, das für die kleinen Bläschen und den typischen Schaum auf dem Bier sorgt. Der große, französische Chemiker Louis Pasteur fand heraus, dass es zwei unterschiedliche Hefearten gibt, ober- und untergärige. Damit hatte er großen Einfluss auf die Bierproduktion.
Von Ort zu Ort unterschiedlich, aber dort, wo sich die großen Brauereien angesiedelt haben, ist das Wasser besonders weich. Die Warsteiner nutzen das Wasser aus der vor knapp hundert Jahren entdeckten Kaiserquelle. Aus sieben Quellen im Naturparks Homert zapfen die Grevensteiner das Wasser und ebenfalls aus der Homert, im Lennegebirge kommt auch das Esloher Brauwasser. Quellfrisches Brauwasser beziehen die Westheimer aus drei Brunnen, die sich auf dem Gelände ihrer Brauerei befinden.
Väterliches Erbe
Dass im Raum Warstein schon früher Bier gebraut, weiß man u. a. aus den Gerichtsakten über den Niederbergheimer Brauer Steffen, der im 17. Jahrhundert auf dem Scheiterhaufen landete. Der Warsteiner Landwirt Antonius Cramer braute Bier zunächst nur nebenher. Aber der Geschmack kam an und bald überstieg die Menge seines Bieres den Eigenbedarf, deshalb musste er ab 1753 eine Biersteuer darauf zahlen. Die Warsteiner Domschänke, 1803 mitten in der Stadt erbaut, ist das Stammhaus der Brauerei.
Ebenfalls ein Kramer (allerdings mit K) war es, Gastwirt Franz Kramer, der seit 1824 Bier braute. Sein Gasthaus und die Brauerei in Grevenstein verkaufte er 1852 an Clemens Veltins aus Hellefeld. Anstelle des Stammhauses im Ortskern wurde 1883 am Rand des Dorfes eine neue Brauerei erbaut. Warsteiner und Veltins-Brauerei befinden sich übrigens beide in Frauenhand – mit Erfolg.
Bei den Westheimern war es so, dass Marie-Antonia Gräfin zu Stolberg-Stolberg das Gut Westheim und die Gräflich zu Stolberg’sche Brauerei Westheimer erbte. Auf dem alten Rittergut wurde bereits seit alter Zeit Bier gebraut, 1862 wurde das Bierbrauen intensiviert. Freiherr von Twickel, der heutige Eigentümer ist der Urururenkel des Gründers Graf Joseph zu Stolberg-Stolberg.
Die Arbeit der Brauer und Mälzer
Ganz klar liegt es an der Kunst unserer Bierbrauer, die aus Hopfen und Malz, Wasser und Hefe Biere kreieren, die weit über die Grenzen des Sauerlandes hinaus bekannt und beliebt sind. Der Beruf des Brauers hat sich in den Jahren stark gewandelt. In ihm stecken sowohl Traditionsbewusstsein als auch die Kenntnisse moderner Technologien.
Ein guter Brauer weiß, wie die vier Grundzutaten des Bieres verarbeitet werden: Er kennt sich aus mit dem Ansetzen und Läutern der Maische, dem Kochen der Würze, welche und wieviel Hopfenextrakte für die Gärung zugesetzt werden. Da die Flaschen in den größeren Brauereien nicht per Hand abgefüllt werden, kümmert er sich auch um die Bedienung und Reinigung der Anlagen und Maschinen. Auch lernt der Brauer, wie man Biermischgetränke und alkoholfreie Getränke herstellt.
Um den gesamten Brauprozess zu überblicken, arbeitet der Brauer nicht nur in Sudhäusern und Gärkellern, sondern manchmal auch in Abfüllhallen oder Keimstraße. Und ein bisschen Büroarbeit ist natürlich auch dabei, wenn er nämlich die Mess- und Prüfergebnisse auswertet.
Ein wenig gleich die Arbeit der Brauer und Mälzer noch immer dem der Alchimisten, die aus hochwertigen, aber ganz normalen Zutaten Wunderbares schufen. Und ebenso wenig wird man einem guten Brauer sein Geheimrezept entlocken können. Doch eines wissen wir: Das Geheimnis des Sauerländer Bieres ist die Mischung aus Tradition, Handwerkskunst und weichem Sauerländer Wasser.
Klein, aber fein: die Hausbrauereien im Sauerland
Seit Ende der 1980er-Jahre gründeten sich so einige kleinere und Haus-Brauereien, deren Biere zu kosten es sich auf jeden Fall lohn:
- Arnsberg: Arnsberger Mühlenbräu
- Ense: Gasthaus Himmelpforten in Niederense
- Eslohe: Esloher Brauhaus
- Biermanufaktur Dangel in Wenholthausen
- Hallenberg: Brauhof Hallenberg
- Medebach: Troll´s Brauhaus
- Meschede: „Clucking Hens“ (lässt in Belgien nach Sauerländer Rezept brauen)
- Olsberg: Hofbrauerei der Freiherr von Fürstenberg Gaugreben’sche Verwaltung in Bruchhausen Josefsbrauerei in Olsberg-Bigge (erste behindertengerechte Firma zur Getränkeherstellung in Europa, jetzt in Bad Sassendorf)
- Rüthen: Altenrüthener Landbierbrauerei
- Schmallenberg:
- Schmallenberger Braumanufaktur
- „Craftvoll-Schmallenberg
- „Loisel´s in Sellinghausen
- Willingen: Willinger Brauhaus
Außerhalb des HSK findet man im Sauerland noch diese Hausbrauereien:
- Attendorn-Helden: Repetaler Heldenbräu
- Finnentrop-Schliprüthen: Brauerei Dominik und Matthias Mette
- Iserlohn: Waldstadtbrauerei Iserlohn
- Kierspe-Rönsahl: Rönsahler Brauerei
- Lennestadt-Altenhundem: Bräukels
- Lennestadt-Saalhausen: Hotel Flurschütz
- Olpe-Hohl: Kleinbrauerei Hohler Landbier
- Wenden-Altenhof: Altenhofer Carolinenbräu