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TEURES HOBBY FÜR GROSSE JUNGS
Seit gut sieben Jahren gibt’s in der Ortsdurchfahrt von Schmallenberg-Fleckenberg eine Großbaustelle, mit jeder Menge LKW-Verkehr, Straßensperrungen und Polizei-Blaulicht. Und doch bleiben die Staus aus, und die Autofahrer müssen schon genauer hingucken, um etwas von ihr mitzubekommen. Die Großbaustelle erstreckt sich nämlich nur über knapp 100 Quadratmeter, in einem ehemaligen Lebensmittelgeschäft. Der Modell-Truck-Club Schmallenberg (MTC) hat den Laden seinerzeit angemietet und zu einem Abenteuerspielplatz für Mini-LKW, Bagger und Radlader umgebaut.
Jeden zweiten und vierten Samstag im Monat lassen die Mitglieder des MTC ihre aufwändigen Modelle über die Anlage fahren und eine verblüffend echte Mini-Welt im Maßstab 1:14,5 entstehen.
Text: Andreas Melliwa
Fotos: Iris Böning
Natürlich geben erwachsene Männer im Alter von 18 bis 87 Jahren mit Fernbedienungen vor dem Bauch eine Steilvorlage für allerlei Sprüche. „Wir werden häufig belächelt nach dem Motto: Da spielen sie wieder wie die kleinen Jungs,“ sagt Günter Gamm vom MTC, „aber es macht eben auch einen Riesenspaß! Wenn ein Kollege mit seinem Bagger am Baggern ist, und mein LKW ist leer, dann fährt man halt hin, lässt sich vollladen und kippt es an anderer Stelle der Anlage wieder aus. Das ist ein Hin und Her, einfach schön!“
Das Gewusel auf dem detailgetreuen Parcours mit Brücken, Kreuzungen, Tankstelle, Kirche mit elektrischem Glockengeläut und Dixi-Klo auf der Baustelle hat auch etwas Therapeutisches. „Schon beim Zusammenbauen der Modelle oder beim Reparieren wird man ruhiger“, sagt Uwe Ludwig aus Herscheid, der rund eine Stunde Anfahrt für sein Hobby gern in Kauf nimmt. „Ich setz mich da dran, oder an meine Modelleisenbahn, und schon komm ich runter!“ Zumal die 17 Mitglieder des MTC auch im
Namen des Herrn unterwegs sind. „Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, dann werdet ihr nicht in den Himmel kommen“, zitiert Günter Gamm augenzwinkernd die Bibel. „Wir fangen damit schon mal an.“
Günstig, gar billig ist ihr Kindsein allerdings nicht. Ein einfaches Fertigmodell ist zwar schon für 90 Euro zu haben, aber ein solcher 08/15-Brummi von der Stange ist auf der Anlage nicht so gern gesehen. Mit 400 Euro muss man für den Bonsai-Truck schon rechnen – als Bausatz unlackiert. Dazu kommen Fernsteuerung, Ladegerät, Akku und professionelle Lackierung. Macht rund 1.000 Euro fürs Einstiegsmodell. Für Modellbauprofis wie Günter Gamm geht’s jetzt aber erst richtig los, denn der Mini-40-Tonner wird nun nach individuellen Wünschen und Vorstellungen umgebaut: Auflieger, Kippmulde, Differentialgetriebe, Servolenkung, Allradantrieb, dazu kommen daumendicke Kabelbäume und große Platinen, die irgendwie im Modell untergebracht werden müssen, ohne sichtbar zu sein. Es dauert mitunter Jahre, bis alles verbaut ist. Zum Preis von mehreren tausend Euro.
Den Vogel schießt allerdings Uwe Ludwig mit seinem voll funktionstüchtigen Radlader ab: 10.000 Euro kostet das knallgelbe Modell, das sich außer in der Größe in nichts von
seinem großen Original unterscheidet. „Ich hab das Glück, dass ich einen eigenen Raum im Keller zum Schrauben hab. Da kann ich alles stehen und liegen lassen, wenn’s mal hakt. Manchmal kommt mir dann beim Einschlafen die rettende Idee, wie’s gehen könnte.“ Für Ludwigs geduldige Ehefrau hat das einen doppelten Effekt. Zum einen wird der Küchentisch verschont. „Und wenn mein Bett mal leer bleibt, dann weiß sie: Ich bin im Keller…“
Oder draußen auf der Straße. Bei einer mitternächtlichen Probefahrt mit seinem vollbeleuchtetem
Mini-LKW durchs Dorf wurde Ludwig auch schon mal angehalten. Von einer richtig ausgewachsenen Zivilstreife. „Die wollten tatsächlich meinen Führer- und Fahrzeugschein sehen. Aber ich glaub, die waren nur genauso begeistert von meinem
Minitruck wie ich!“